Blog Demokratie heute

In unregelmäßigen Zeitabständen werde ich hier Gedanken, Vorschläge und Stellungnahmen über demokratische oder scheinbar demokratische Vorgänge äußern.


Vielleicht liest das jemand und schickt mir Kommentare, Zustimmungen oder Gegenargumente. Die Demokratie befindet sich nach meinen Feststellungen gerade im Umbruch. Junge Demokratien bemühen sich um die Stabilisierung der Institutionen, alte Demokratien stoßen an ihre Grenzen. Die Präsidialdemokratien haben Probleme mit der Gewaltenteilung, die repräsentativen Demokratien mit der Partizipation und der Repräsentanz und die direkten Demokratien mit der Kompliziertheit vieler Sachverhalte. Wohin geht die Entwicklung? Welche Rolle kann, soll und muss das Internet in Zukunft spielen?

Vielleicht finden wir ja gemeinsam einen Weg, unser Zusammenleben freundlicher, gerechter und im Einklang mit der Umwelt zu gestalten.


14. August 2018, 13:22

Fake News der dritten Art

In dem vorangegangenen Beitrag hatte ich Fake news in zwei verschiedenen Versionen dargestellt. Zum Einen als einen politischen Kampfbegriff und zum Anderen als handwerklich schlechte Arbeiten bei der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen. Die dritte Art ist die infamste, da sie mit echten, überprüfbaren Fakten arbeitet und die Zusammenhänge und Schlussfolgerungen verfälscht. Nun ist das nicht neu und wurde im Falle der Boulevard-Presse schon häufig angeprangert. Wenn dann aber fast alle Nachrichtesendungen im Fernsehen und die „normale“ Tagespresse die Tonalität übernehmen, muss man sich fragen, wie sich der früher bereits erwähnte Wahlbürger mit „enlightened understanding“ informieren soll. Besonders bei der Diskussion über Flüchtlingen und die EU kann man diese Vorgehensweise beobachten.

Im Falle der Kindergeldzahlungen an im Ausland lebende Kinder wurden 2017 für über 217.000 Kindern € 343 Mio. gezahlt, davon fast die Hälfte für in Polen lebende Kinder. Die Steigerungsrate gegenüber 2010 war das Zehnfache (Welt 21.03.2018). Es wurde der Eindruck erweckt, dass das nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Zumindest ein Nachrichtenmagazin der ARD versuchte, etwas mehr Klarheit durch eine Expertenbefragung zu erreichen. Es war dem Moderator deutlich anzumerken, dass ihm die Aussagen des Professors gar nicht gefielen, denn er stellte fast jede Frage drei Mal. Es stand auf seiner Stirn: Wie konnte ich auf eine solche Fake News hereinfallen? Es wurde dargestellt, dass es sich bei den Zahlungen für im Ausland lebende Kinder ausländischer Mitbürger um etwa 1% der Kindergeldzahlungen handelt und es könne davon ausgegangen werden, dass so gut wie alle Zahlungen rechtens seien, weil wie am Beispiel Polen viele Menschen nur zum Arbeiten und Steuernzahlen nach Deutschland kommen, aber weiter in ihren Heimatländern wohnen. Da konnte dann das Interview des Duisburger Oberbürgermeisters auch nichts mehr ändern.

Um wenigstens noch etwas von der Sommerlochmeldung zu retten, wurde dann noch nachgelegt, die EU sei gegen eine Kürzung für im Ausland lebende Kinder. Das mag ja sein, allerdings schwanken die Kindergeldzahlungen innerhalb der EU für das erste Kind zwischen 0 € in Frankreich bzw. 5,87 € in Griechenland und 265 € in Luxemburg, Deutschland liegt mit 194 € an fünfter Stelle. Es ist also eine nationale Entscheidung, wie viel Kindergeld an wen gezahlt wird. Die Materie ist relativ komplex und soll hier nicht weiter ausgeführt werden, aber die Regelung gilt in Deutschland generell für Personen, die in Deutschland steuerpflichtig sind und eine steuerliche Identifikationsnummer haben. Neben den Länder des EWR (EU plus Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island) gilt die Regelung für Staatsangehörige aus Algerien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Marokko, Montenegro, Serbien, Tunesien und die Türkei.

Das Kindergeld ist also keine Sozialleistung sondern eine Steuervergünstigung für in Deutschland arbeitende Personen und teilweise sogar einkommensabhängig. Missbrauch ist nicht ausgeschlossen, unabhängig von der Nationalität. Wer in einem liberalen, demokratischen Staat lebt, muss Mängel des Systems ertragen können. Es ist mir lieber, wenn ein Schuldiger mangels Beweisen frei kommt, als wenn ein Unschuldiger bestraft wird. Noch müssen die Behörden die Schuld beweisen, in den USA ist es umgekehrt, da muss ein Beschuldigter seine Unschuld beweisen. Mir ist unser System lieber.

Redakteur




28. Juni 2018, 22:43

Fake News

Fake news gibt es in mindestens zwei verschiedenen Versionen. Zum Einen ist es ein politischer Kampfbegriff, indem vorsätzlich die Unwahrheit behauptet wird. Nehmen wir ein Beispiel von gestern (27.06.2018). Da behauptet der Innenminister, ehemaliger Ministerpräsident von Bayern und Vorsitzender der CSU Horst Seehofer, in einem Fernsehinterview in der ARD, in Augsburg, einer Stadt mit fast 290.000 Einwohnern, gäbe es über 40% Ausländer. Er erweckt damit den Eindruck, in Augsburg gäbe es etwa 10% der Flüchtlinge der Bundesrepublik Deutschland. Er wird das natürlich bestreiten und argumentieren, das hätte er nicht gesagt, aber in dem besprochenen Zusammenhang konnte der Eindruck entstehen. Es besteht eigentlich auch kein Anlass, die Aussagen eines Mannes mit der Vorgeschichte zu misstrauen und die meisten Bürger würden sagen, dass man natürlich etwas gegen so viele Ausländer in einer Stadt unternehmen müsste.
Nun gibt es in einer Demokratie und in einer offenen Gesellschaft viele Möglichkeiten, sich zu informieren. So gibt die Stadt Augsburg regelmäßig den sogenannten Strukturatlas heraus (www.augsburg.de). Danach wohnten 2017 in Augsburg 62.080 gleich 21,2% Ausländer, von diesen waren 28.237 gleich 45,5% EU-Ausländer, sofern man diese als Ausländer bezeichnen kann. Lediglich 5.232 Einwohner kamen aus Afghanistan, dem Irak und Syrien. Das sind weniger als 2%.
So macht man Fake News. Aber natürlich nicht der Innenminister. Der hat sich höchstens geirrt.

Die andere Version von Fake News sind Schlampigkeiten oder schlechte Recherchen von Institutionen, die es eigentlich besser wissen müssten. So sprach ebenfalls gestern ein Nachrichten-Moderator vom EU Rat und dass der jetzt die Flüchtlingsfrage lösen will oder soll. Es ist schon schwer genug, die Funktionen des Europäischen Rates und des Rates der Europäischen Union auseinander zu halten. Wenn dann aber von „offizieller“ Seite auch noch Begriffsverwirrungen und Unkenntnis dazu kommen, geben die meisten Bürger auf. Der falsche Eindruck, der Europäische Rat sie das höchste Entscheidungsorgan der EU, ist durch nichts gerechtfertigt und wird auch leider immer wieder kolportiert. Gemäß Artikel 15 des Vertrags von Lissabon gibt der Europäische Rat Impulse und legt Zielvorstellungen und Prioritäten fest. Er wird nicht gesetzgeberisch tätig.

In der Demokratie wird der informierte Bürger gefordert, damit z.B. Wahlentscheidungen nicht nur auf emotionaler Ebene, wie es in letzter Zeit in Deutschland und in anderen Ländern zu beobachten war, erfolgt. Nicht jeder Bürger ist in der Lage, Primärquellen zu Rate zu ziehen, sondern ist auf Berichterstattungen, Veröffentlichungen und Kommentare angewiesen. Dabei dürfen durchaus unterschiedliche Meinungen und Auffassungen geäußert werden, aber die Fakten und Grundaussagen sollten schlüssig sein.

Redakteur




 

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